Harka (Bärensöhne 1)

  • Band 1 Die Söhne der Großen Bärin
  • 272 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag
  • überarbeitete und ergänzte Neuauflage
  • Mit einem Vorwort von Gojko Mitic
  • ISBN: 978-3-957840-22-6

Harka, ein junger Dakota-Indianer, ist der Sohn des angesehenen Kriegshäuptlings der Bärenbande, Mattotaupa. Er ist wagemutig, geschickt und ehrgeizig. Harka kennt kein anderes Ziel, als selbst einmal ein so guter Krieger und Jäger zu werden wie sein Vater. Doch die Zeiten beginnen sich zu ändern: Der weiße Mann dringt auf seiner Suche nach Gold in die Welt der Prärieindianer ein, was auch auf Harkas und Mattotaupas Leben dramatische Auswirkungen hat.

Palisander – Verlag

So kurz und knapp beschreibt der Verlag den Inhalt des ersten Bandes. Der folgende Text gibt den Inhalt und die Geschichte detaillierter wieder, dies ist keine Rezension im üblichen Sinne. Hier geht es um die Details des Romans und die schriftstellerische Arbeit der Liselotte Welskopf-Henrich. [1]

Harka – eine Geschichte vieler Namen

Die Nacht war windstill. Nicht ein einziges Blatt, nicht einer der benadelten Zweige rührte sich. Die Rinde der Stämme war an der gegen Nordosten offenen Seite des Berghanges noch feucht, fast nass; der herangewehte Schnee war unter der ersten Frühlingswärme geschmolzen. Von dem Fluss, der sich um das Massiv der Black Hills Wand, zogen Nebel herauf. Sie webten über Moos und Fels, zwischen dem Gesträuch hindurch und um die Bäume und machten das Blaudunkel der Mondnacht, die Schatten,, mit denen die Baumkronen das Licht der Gestirne verbargen noch undurchsichtiger.
Hoch am Hang, bei einer verholzten Wurzel, hockte ein Indianerknabe…

Harka (Seite 10)

Dieser Junge ist Harka Steinhart Nachtauge. Der älteste Sohn Mattotaupas, dem Kriegshäuptling einer kleinen Gruppe von Teton-Oglala, die zu den Dakota gehören. [2]

Elf Jahre ist der Junge, hochgewachsen und die beiden Zusatznahmen sprechen aus, dass er mutig ist und über scharfe Augen verfügt. Weitere Namen werden dazu kommen. Harka wartet auf seinen Vater in der Nähe einer Höhle, in der die Große Bärin leben soll. Sie gilt als die Ahnin der kleinen Stammesgruppe. Wollte der Häuptling seinem Sohn bereits jetzt ein Geheimnis anvertrauen? Im Morgengrauen treffen die beiden aufeinander. Mattotaupa, was vier Bären bedeutet, berichtet von einem Fremden, den er wahrgenommen hat… Doch der Zug der Gruppe in die Prärie ist für die notwendige Büffeljagd nach dem strengen Winter wichtiger als die weitere Suche nach einem Unbekannten.


Die Tiere in Wald und Prärie haben unter dem harten Winter zu leiden. Eine vermeintlich leichte Beute für ein Wolfsrudel ist die Herde Mustangs, die die Stammesgruppe besitzt. Im zweiten Kapitel lernen die Leserinnen und Leser Harkas Familie kennen. Die Mutter, Untschida, die Großmutter und die jüngeren Geschwister: Uinonah und Harpstennah. Außerdem treten nun Tschetan und Schonka auf, Wei Burschen, die in Harkas Leben noch oft eine Rolle spielen sollen. Die beiden sind zur Pferdewache eingeteilt, als die Wölfe angreifen. Sie lassen sich verleiten, wolfsohren zu erbeuten anstatt die Pferde umfassend zu schützen. Vor dem Kriegshäuptling stehen sie beschämt, während Harka, selbst Anführer des Bundes der jungen Hunde, der Knaben, mehrere Wölfe mit Pfeil und Bogen erlegte. Das bringt ihm den Beinamen Wolfstöter ein. Ein spielerischer Kampf zwischen Schonka und Harka wird beschrieben. Der Vater Schonkas, Weißer Büffel, stirbt und Mattotaupa nimmt die Waise und dessen Mutter in sein Zelt auf. Harka findet in einem Fluss einen gelben Stein.


Es war doch einer in der Höhle. Mattotaupa hat sich nicht getäuscht. Er hatte sogar mit ihn Kontakt. Es war der zahnlose Ben und der trifft auf den roten Jim, welcher ebenfalls in die Höhle eingedrungen ist. Jim ist ein skrupelloser junger Mann, zudem schlau und stark. Er will die Höhle zum Gold suchen für sich. Dem Ben rät er, ein Handelsblockhaus am Niobrara aufzumachen. Damit ist schon zu Beginn der Zusammenhang dargelegt, der sich durch die Geschichte ziehen wird. Red Fox – Mattotaupa – Harka – Blockhaus.


Die Stämme in der Prärie kämpfen um die Bisons, ihre Nahrungs- und überhaupt Existenzgrundlage. Auf dem Zug trifft die Bärenbande auf eine Jagdgruppe der Pani (Pawnee) und es kommt zum Kampf. Der Häuptling hat ein Mazzawaken, ein Geheimniseisen, ein Gewehr: Mit dem erschießt er, wohl mehr aus Versehen, die Mutter der Kinder Mattotaupas. Harka bringt das Gewehr in seine Gewalt, den Häuptling tötet Mattotaupa. Das bringt Harka ein immenses Ansehen, doch der Vater „zwingt“ ihn, das Mazzawaken dem Zaubermann, dem alten Hawandschita, zu übergeben, da in seinem Alter einer junger Dakota etwas opfern müsse. Harka überwindet sich und wir erfahren, dass da ein Konflikt schwebt zwischen dem Elfjährigen und dem über neunzig Winter alten Medizinmann.


Da der Häuptling der Pani bereits ein Gewehr besaß, waren weiße Männer nicht mehr so weit entfernt (gegen 1863) [3], auch besitzen die Pani Büffelfleisch. Woher ist den Bärensöhnen nicht verständlich.
Gleich gibt es eine neue Episode, die darauf hinweist: Harka findet in der Wüste einen fremdartigen Jungen. Der hat große dunkle Augen und seltsames Kraushaar und eine dunkle Haut. Er spricht auch die Sprache der Menschen nicht. Besonders verwerflich, er lässt das einfach geschehen, dass der Indianerjunge ihn „gefangen“ nimmt. Durch Kraushaar, so wird der Sohn eines Negersklaven alsbald genannt, erfahren jetzt die Knaben der Bärenbande davon, dass die Watschitschun andere, dunkelhäutige Menschen als Sklaven arbeiten lassen und viele Geheimnisse kennen.
Die Kinder beraten und Kraushaar deutet auf ein einen gelben Kiesel, den Harka immer bei sich trägt. Der Häuptling, der belustigt ernst der Beratung beiwohnt, reagiert merkwürdig unbeherrscht:

Mattotaupa riss dem fremden Jungen das Goldkorn aus den Fingern und schleuderte es vor aller Augen mit kaum mehr beherrschbarer Erregung in den Fluss.
‚Fort damit, fort, fort!‘, schrie er. ‚Es ist ein böser Stein. Stein böser Geister, und er zieht die weißen Feinde und ihr Ungeheuer in unser Land! Das Wasser möge ihn zerrwaschen, nie soll er mehr zutage kommen! Ich habe gesprochen, hau!

Harka – Seite 106

Auch unter Folter darf Harka niemals, niemals anderen davon erzählen, dass in den Jagdgründen der Dakota Gold gefunden werden kann – in der Höhle in den schwarzen Bergen. Mattotaupa, der selbst noch keinem Watschitschun begegnet ist, weiß trotzdem von der Gefahr und auch vom Eisenbahnbau. Die Streckenvermesser brachten den Pani Büffelfleisch und die beiden Schwarzen, Kraushaar und seinen Vater, in die Prärie.

Kraushaar holt das Korn aus dem Fluss zurück und Hawandtschita nimmt den Jungen erst einmal zu sich. Harka erfährt das von seiner Schwester Uinonah.
Die Krieger beraten und tanzen um Bisons für eine erfolgreiche Jagd.
Hawandschita will um Büffel beten und zieht in die Prärie hinaus, die Bärenbande macht sich ebenfalls auf den Weg.

Das Indianerdorf am Pferdebach (Szenenfoto aus Sie Söhne der Großen Bärin)

Antilopenjagd. Anschaulich zeigt die Autorin, dass die Dakota-Gruppe nach strengem Winter hungrig ist und eine erfolgreiche Jagd notwendig ist. Und dann kommen sie, die Büffel. Harte, schwere und zuweilen tödliche Arbeit der indianischen Jäger. Ein Teil der Herde rast in Richtung des Zeltdorfes. Bald sind einige der Knaben mittendrin und Harka verschießt einen Pfeil nach dem anderen…

Die Sonne schien auf ein zertrampeltes, aufgewühltes, staubbedecktes Land: auf einen Mustang mit geifertriefendem Maul. Dessen Lenden bebten, dessen verschwitztes Fell eine einzige Stabkruste war. Sie schien auf einen Knaben, dem das verstaubte Haar wirr um die nassen Schläfen klebte, dessen Atem heftig durch den aufgerissenen Mund ging – und sie schien auf einen Büffel, der den jungen Reiter mit blutunterlaufenen Augen anglotzte… Harka starrte den schwarzbraunen Koloss an. Zum ersten Mal in seinem Leben stand er dem Tier gegenüber, das für ihn und seinesgleichen Zelt, Nahrung, Leben bedeutete – wenn es getütet wurde. In der Rückenhaut des Büffels steckten viele Pfeile – wie gespickt sah er aus –, und obgleich Harka kaum denken konnte, wurde er sich doch mit einem einzigen Blick bewusst, dass das seine, Harkas, Pfeile waren, alle seine Pfeile. Alle seine Pfeile staken in dieser Büffelhaut, aber der Büffel lebte und glotzte ihn, den Jäger höhnisch an.

Harka – Seite 132

Harka reitet das zweitbeste Büffeljagdpferd des Vaters, dieses „weis“, was zu tun ist und setzt mit dem Jungen über den gespickten Büffel drüber weg. Büffelpfeilversender – ein weiterer Name in der Reihe.

Quelle wikipedia

War es ein Zauber des Geheimnismannes und hat etwas anderes die riesige Herde in die Nähe der Bärenbande getrieben?


Das Pferd, welches mit dem Jungen über den Büffel sprang gehört nun ihm. Der Vater gab es ihm. Der Leser erlebt die beiden Brüder, den älteren Harka und den jüngeren Harpstennah, der so sehr vom Älteren anerkannt sein möchte, beim Pferderennen.

Dann kommt der alte Geheimnismann zurück. Er bringt Fremde Muschel mit, den Vater von Kraushaar. Vom ehemaligen Sklaven erfahren die Plainsindianer nicht nur von den weißen Männern und ihren Geheimnissen sowie von der Eisenbahn, Fremde Muschel erzählt auch von Afrika, aus dem er nach Nordamerika verschleppt wurde. Womit hat der Alte den ehemaligen Sklaven „bezahlt“? Das Goldkorn kann es nicht sein, das hängt plötzlich am Zauberzelt, Harka erkennt es sofort. Kraushaar, der soviel anderes gesehen hat, pflanzt unwissend den Keim des Zweifelns und des Überlegens in den Häuptlingssohn. Nicht umsonst wird aus dem kleinen Schwarzen mal der schlaue Biber werden.

Fotos © Rose Billert

Ein zweites Pferderennen zeigt wiederholt den Konflikt und die zukünftige Feindschaft zwischen Harka und Schonka. [4]


Die Watschitschun, die Weißen, scheinen immer weiter in den Westen vorzurücken. Hawandschita verlässt die Stammesgruppe, er will mit Tatanka-yotanka [5] beraten, was zu tun ist. Da trifft der erste Weiße auf die Dakota. Dan Morris, ein Indianermaler und sein Begleiter, der Cheyenne Langspeer sind auf der Suche nach Mattotaupa, den der Maler als Modell sehen will. Die Gewehre, die die beiden mitführen und vorführen beeindrucken Krieger, Burschen und Knaben gleichermaßen. Der Maler zeigt, was er kann. Weitfliegender Vogel nennen die Indianer ihn, Gelbbart wegen des blonden Bartes und Geheimnisstab.
Gleichzeitig finden die Krieger Bärenspuren. Mattotaupas Bruder stirbt bei der Bärenjagd. Mattotaupa will ihn rächen und nimmt den Sohn mit, den großen Grizzly, der auch ein paar Ponys gerissen hat, zu töten. Harka verdient sich den Namen Bärenjäger, er reizt den großen Grauen, den der Vater mit dem Messer tötet.


Von der Bärenjagd zurückkommend treffen sie auf die beiden Gäste, die das Lager wieder verlassen haben. Morris darf den Häuptling malen, aber bleiben wollen sie nicht. Morris warnt den Häuptling vor den kommenden Zeiten und warnt ihn auch vor Hawandschita, der meint neue Geheimnisse zu brauchen um seine Macht zu erhalten. Um keinen Streit in den Zelten der Bärenbande zu verursachen will er nun gehen. Neue Gäste sind angekommen: der Medizinmann Tatanka-yotanka und ein Weißer mit roten Haaren und gelben Zähnen. Tatanka lobt den Jagderfolg, der Weiße schenkt Vater und Sohn je ein Geheimniseisen. Eine unheilige Allianz nimmt ihren Anfang…


Im Häuptlingszeilt benehmen sich die geladenen Krieger seltsam. Nur dieser Weiße, es ist Red Jim, hält durch und Mattotaupa selbst. Harka überzeugt sich verbotenerweise selbst, es scheint allen Ordnung zu sein mit dem Vater…
Doch als er in Tschetans Zelt aufwacht, steht Tatanka-yotanka vor ihm. Die Ratsversammlung klagt ihren Kriegshäuptling des Verrats an. Er soll das Geheimnis der Väter, welches sich bei der Großen Bärin befindet, verraten haben. Red Fox ist verschwunden.
Der Vater wird für schuldig befunden. Harka konfrontiert Tatanka-yotanka mit dem Verdacht gegen Hawandschita in Bezug auf das Goldkorn, Fremde Muschel und die Pani. Doch der Medizinmann ist auch von des Vaters Schuld überzeugt.

Der Junge folgt dem Vater: „Bis zum Gebirge zu reiten, ohne mich umzusehen, das habe ich geschworen. Dann sind wir frei. Aber die Jagdgefilde der Dakota sollen niemals mehr betreten.“

Harka – Seite 263

Die Geschichte.

Schritt für Schritt entwickelt die Autorin ihren Stoff und fängt gleich damit an. Zu Beginn schon, der Leser erfährt das erst etwas später, stoßen Vater und Sohn auf ihren großen Widersacher, der die Ursache für ihre Verbannung ist und man ahnt, dieser Konflikt setzt sich fort. Vielleicht hat die Leserin, die in den Sechzigern den neuen Stoff um Harka erstmalig in die Hände bekommt, die Erstausgabe von Die Söhne der großen Bärin gelesen, dann hat sie von Beginn an das Ende natürlich vor sich.

Da ist die Begegnung Mattotaupas mit dem Fremden in der Höhle, das Mazzawaken, der schwarze Negersklave Kraushaar und sein Vater Fremde Muschel und das Goldkorn. Die Krieger wissen von Hawandschita, dass die Weißen für dieses gelbe Metall alles zu tun bereit sind, daher Mattotaupas Zorn, als der Gold in Harkas Händen entdeckt. Einzig der Maler Morris und sein Begleiter Langspeer sind Lichtblicke, aber auch durch diese wird das Ende des freien Lebens bereits angedeutet durch die Antwort Langspeers [6] aus Mattotaupas Frage. Der Anfang vom Ende: Ein rothaariger, großspuriger, lauter Typ mit großem Hut schenkt dem Kind Harka ein eigenes Gewehr.

Was hat Red Fox noch mitgebracht? Feuerwasser… So wird aus der Kindergeschichte sehr schnell blutiger Ernst. Der 1. Band der Hexalogie umfasst ungefähr ein halbes Jahr. In diesem wird Harka in eine neue Zeit, eine andere Welt förmlich hinein geschleudert.

Welskopf-Henrich lässt die Geschehnisse im Osten der USA weitgehend außen vor. So erklärt sie hier weder durch Fremde Muschel noch durch den Maler Morris, dass gerade ein Krieg zwischen den weißen Männern tobt. Dies hat das Vorrücken in den Westen vermutlich etwas verlangsamt. Trotzdem schaffen sie es, langsam die Eisenbahnstrecken voran zu treiben.Trotzdem schaffen sie es, langsam die Eisenbahnstrecken, voran zu treiben. Die Union Pacific Railroad im Bereich des Platte Rivers führt durch das Gebiet, in dem die Geschichte angesiedelt ist.

Dan Morris hat allerdings eine besondere Rolle. Er ist dem Maler George Catlin (1796 – 1872) nachempfunden. Dessen Bilder, vor allem aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, haben viel zum Verständnis über die Kultur der verschiedenen indigenen Völker beigetragen. Dieser hat sogar mal eine Häuptling Mattotope gemalt, der aber zu den Mandan gehörte. Morris wird in den folgenden Büchern immer wieder erscheinen, er ist den „Wilden“ wohlgesonnen, denn er weiß, um sie zu malen, muss er deren Vertrauen gewinnen. Aber er ist auch ein Mann, der zu seinem Wort steht mit unerschütterlichem Gerechtigkeitssinn.

Bildquellen: Wikipedia

Welskopf-Henrich dürfte Catlins Buch „Die Indianer Nordamerikas“ [7] (Ausgabe von 1924?) gekannt haben.[8] Catlin erzählt darin von einem Mandan-Häuptling namens Mah-to-toh-pa (Vier Bären), der auch von dem Maler Carl Bodmer erwähnt bzw. gemalt wird. Zudem beschreibt Catlin in einem Kapitel über die Sioux und Dakota einen Häuptling Ha-wan-dschi-tah. Der Name bedeute „Das eine Horn“ oder „Muschel“, hier könnte auch die Idee für Harkas Kriegernamen „Stein mit Hörnern“ stammen. In einem anderen Kapitel schreibt er von einem bösen mürrischen, verachteten Sioux namens Schonka (Hund) und die Szene ist beispielgebend für die oben erwähnte Begebenheit im Pferderennen.


Dr. Uli Otto, Kulturwissenschaftler aus Regensburg, bezeichnet Liselotte Welskopf-Henrich als „profunde Kennerin des Lebens der nordamerikanischen Prärieindianer. [Sie] zeichnet kenntnisreich ein realistisches und farbiges Bild deren Lebens, Lebensumstände und Sitten… Daneben erweist sie sich als ausgezeichnete Psychologin, die die Entwicklung dess 11-jährigen indianerjungen Harka zum gefürchteten Kriegshäuptling der Bärenbande… treffend zu zeichnen versteht. Hervorzuheben ist dabei, daß sie es – obwohl ihre Sympathien ganz eindeutig und offen auf Seiten der getretenen, betrogenen, gedemütigten und verfolgten Indianer liegen – vermeidet, in falsches Pathos zu verfallen und kritiklose und einseitige Heldenverehrung zu betreiben und ein realistisches Bild der von ihr beschriebenen Menschen malt.“

Auf den Spuren der Söhne der Großen Bärin – Seite 29

Uli Otto verfasste sein Buch Auf den Spuren der Söhne der großen Bärin mit seinem Sohn Till. Er schildert darin, wie er als Jugendlicher und später seine Kinder, die Bände mit Begeisterung lasen. Der Dozent erklärt, dass diese Bücher „… das Interesse an der Geschichte und Kultur fremder Völker zu wecken und das Verständnis für sie zu fördern.“ (Seite 12)

Dies soll auch als Beispiel dafür gelten, dass die Bücher in der Bundesrepublik Deutschland erfolgreich waren. Die Aufteilung in sechs Bände erfolgte aus „unternehmerischen Gründen“, vermutlich im Zusammenhang mit Ausgaben für westdeutsche Verlage.


Das Buch

Die Bücher werden im allgemeinen als Jugendbücher angesehen, der erste Band könnte auch als Kinderbuch bezeichnet werden.

Der Verlag (Altberliner Verlag) beantragt bei der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik, Ministerium für Kultur, Abteilung Literatur und Buchwesen… die Erteilung der Druckgenehmigung für… Harka

Antrag auf Druckgenehmigung (20.02.1962)

So lief das damals im Verlagswesen der DDR. [9] Diese Druckgenehmigung bezieht sich auf den ersten Band der damals dreibändigen Ausgabe. Eine ausführliche Inhaltsangabe und eine Bewertung schließt sich an:

Der Verlag zählt das Buch zu den exportintensiven Titeln. HARKA ist eine wertvolle Bereicherung der Abenteuerliteratur. Die dramatische, vom Kampf und Leidenschaft durchwirkte Geschichte wird unter den Händen der bekannten Erzählerin zu einem hervorragenden Werk realistischer Indianerliteratur.

Ebenda
1. Seite des Antrages auf Druckgenehmigung

In der Charakteristik des Romans heißt es unter Anderen:

Harka versucht, den Dingen auf den Grund zu gehen. Für den aufklärerischen Zug dieses Romans ist der Komplex Geheimnismann – Harka bezeichnend. Der Junge begreift, dass die Entschlüsse des Geheimnismannes einer schlauen Taktik entspringen…
Die ethnografischen Einzelheiten sind in dem Fluß der Handlung gut eingebaut. Sie drängen sich dem Leser nicht auf: Totenklage, Wanderzug, das Leben im Zelt, die Erziehung der Kinder, Übungen der Jugend, die Leitung der Bande…
Der Roman ist mit großer Spannung erzählt. Die Autorin fesselt durch die umfassende Kenntnis der historischen Tatsachen, durch psychologisches Einfühlungsvermögen und eine klare, überschaubare Fabel. Die Handlung ist ständig bewegt. Das Buch ist vom Geist echten Abenteuers und kraftvollen Erlebnis erfüllt. Die Autorin stellt so zügig dar, dass die informativen Elemente restlos mit der erzählerischen verschmelzen.

Ebenda

Das diese Einschätzungen dem „sozialistischem Erziehungsauftrag“ entsprechen, ist offensichtlich. Interessant ist, den psychologischen Moment „erwähnt“ auch Kulturwissenschaftler Dr. Uli Otto (siehe oben). Der Hinweis auf den Konflikt Hawandschita – Harka kann auch hinsichtlich der praktizierten Ablehnung von Religion zu verstehen sein. Das Misstrauen des Jungen gegenüber den Wundern des Alten ist vermutlich als fortschrittlich angesehen wurden. In modernerer Indianerliteratur ist der Glauben der indigenen Völker ausgeprägter dargestellt. Trotzdem sind Szenen wie Büffel- oder Bärentanz ohne eine diesbezügliche Wertung dargestellt. Auch Harka ist dem Geisterglauben verbunden. Die kritische Haltung gegenüber Hawandschita hat keinen Einfluss auf den Naturglauben des jungen Dakota.


Dr. Rudolf Welskopf, Dr. Frank Elstner, Gojko Mitić und Uwe Rennicke: Leipziger Buchmesse 2018 / © UR

Im Jahr 2018 stellte Frank Elstner vom Palisander-Verlag diese Neuauflage vor. Dazu holte er sich Prominenz auf die Leipziger Buchmesse: Gojko Mitic, der 1965 im ersten Indianerfilm der DEFA den Tokei-itho gab. Im Vorwort erzählt der serbische Schauspieler davon, dass es ein Telefonanruf war, für den er sich entschied, statt zum Skifahren zu verreisen. So kommt er zur DEFA.

Gojko Mitic war schon ein Zugpferd für die Neuauflage der „Bärensöhne“. Bei den Veranstaltungen ging es dann aber mehr um die DEFA-Indianerfilme, vor allem den ersten aus dem Jahre 1965. Er erzählt immer, dass ihn die Authentizität der Autorin so begeistert hat.

Die Schutzumschläge gestaltete Claudia Lieb, die auch Erik Lorenz Buch über Sitting Bull (Tatanka Iyotake, der hier Tatanka-Yotanka genannt wird), ebenfalls erschienen im Palisander-Verlag Chemnitz, illustrierte.

Der Text wurde in aktueller Rechtschreibung gedruckt

1] Die Trennstriche zeigen die Kapitel an, auf deren Benennung hier der Lesbarkeit halber verzichtet wird [2] Dakota wird oft ungenauerweise synonym für die Sioux – Gruppen verwendet. In diesem Zusammenhang wird von den „sieben Ratsfeuern“ geschrieben, einer losen Allianz von Stammesgruppen. (wikipedia) Bei Welskopf-Henrich handelte es sich vermutlich um Lakota oder Teton und damit um Bewohner der Prärie. die größte Gruppe darunter bildeten die Oglala – Die ihre Habe verschleudern – daher auch der Stolz und die Freizügigkeit des Kriegshäuptlings, der gern und reichlich Gäste bewirtet, was die autorin mehrfach beschreibt. [3] Als Harka zum Kriegshäuptling der Bärenbande gewählt wird, hat er „vierundzwanzig Winter“ gesehen. Dies dürfte sich maximal ein Jahr vor der Schlacht am Little Bighorn zugetragen haben (1876). Daher dürften die hier erzählten Begebenheiten um 1863 stattfinden. [4] Diese Episode wird im Band 3, Die Höhle in den Schwarzen Bergen noch einmal aufleben [5] Tatanka-yotanka ist der in deutscher Indianerliteratur viel genutzte Name für Sitting Bull, den führenden Geheimnismann der Lakota. Der korrekte Name lautet Tatanka Iyotake [6] Langspeer gehört zu den südlichen Stämmen der Cheyenne, die schon vielen Jahren in einer Reservation leben. [7] Catlin, George: Die Indianer Nordamerikas, Kiepemheuer Berlag Leipzig und Weimar, 1979) [8] Darüber schreibt ausführlich Erik Lorenz in „Liselotte Welskopf-Henrich und die Indianer“, Chemnitz 2010, S. 135 ff (9) Hinweis zu Bundesarchiv: Die Dokumente entstammen dem Bundesarchiv – Bundesbeauftragter für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR. Abgebildet sind Auszüge aus den Druckgenehmigungen, einer mehrseitigen Akte, welche im Laufe der Zeit verschiedenen Behörden vorgelegt werden musste.

NZ, 16.01.2022

6 Gedanken zu „Harka (Bärensöhne 1)

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