Der Weg in die Verbannung (Bärensöhne 2)

Verschiedene Ausgaben Band II: Der Weg in die Verbannung

Harka ist seinem Vater, dem einstigen Häuptling der Bärenbande, heimlich in die Verbannung gefolgt. Vater und Sohn kämpfen nun in der Prärie und im Dickicht des Waldes ums Überleben. Sie wissen, dass sie nur im Sommer auf sich allein gestellt in der Wildnis existieren können. Für einige Monate suchen sie Schutz in den Städten der Weißen. Sie werden von einem Wanderzirkus aufgenommen. Sie finden Freunde unter den Weißen, lernen ihre Sprache und Schrift. Aber dauerhaft in dieser Welt zu leben ist ihnen unvorstellbar. Ihr Rückweg in die Freiheit der Prärien und Wälder ist mit dramatischen Ereignissen verbunden.

Palisander – Verlag

Die Handlung

Der Rote Jim. Der Leser erwartet nach HARKA zu lesen, wie es mit dem Jungen und seinem verbannten Vater weitergeht. Der Kriegshäuptling Mattotaupa war unter dem Vorwurf, diesem rothaarigen Weißen etwas vom Goldschatz seiner Väter verraten zu haben, verbannt wurden. Der Junge entschloss sich, den Vater zu begleiten.

Nun wird es aber Zeit, dass Liselotte Welskopf-Henrich etwas zu diesem Charaktere verlautbart, der abwechseln Red Jim, der Rote, Red Fox oder Fred Clarke genannt wird. Ungefähr zweiundzwanzig Jahre ist er alt: Waisenjunge, vom Pflegevater verprügelt, Postkutschenräuber, Kundschafter sowohl bei den Nordstaaten als auch den Südstaaten im Bürgerkrieg; obwohl er sich mit Raub über Wasser halten konnte, reich ist er nicht geworden. Gold müsste man finden…

Harka und Mattotaupa in den Bergen. Vater und Sohn müssen sich einrichten. Jagen, Vorräte für den Winter anlegen, Waffen herstellen, Harka lernt unmittelbar von seinem Vater. Dann treffen sie auf eine Gruppe Pani (Pawnee), die vermutlich gehört haben, dass die verhasste Bärenbande bei den Dakota ihren berühmten Anführer verloren hat. Sie wollen sie angreifen. Mattotaupa will das verhindern, um wieder in Ehren aufgenommen zu werden. Harka schleicht sich ins Dorf und warnt die Schwester Uinonah. Der Kampf wird gewonnen, doch weisen ihn die Krieger und Häuptlinge von sich. Alte Antilope, der in Mattotaupas Tipi auch dem Feuerwasser des Red Fox erlegen war, zieht die Rache des ehemaligen Häuptlings auf sich…

Erstmals im Blockhaus. Vater und Sohn entschließen sich, die Welt der weißen Männer kennenzulernen. Bald treffen sie welche, die sie in der Prärie aus einem Sandsturm führen müssen. Harka bekommt einen ersten Eindruck und lernt den Hahnenkampf-Bill und den Indianer Tobias kennen, die noch mehrmals in den Büchern vorkommen. Im Blockhaus am Niobrara treffen sie später wieder auf den Maler Morris und dessen Begleiter Langspeer.

Als der Maler beraubt werden soll, versuchen sie ihm zu helfen, was nicht gelingt, sie verlieren den Kampf. Der Junge macht erstmals Bekanntschaft mit dem Wasserloch im Haus, in das er gestoßen wird und welches einen Zugang zum Fluss ermöglicht. [1]

Doch erst als Red Fox, der wieder versucht hatte, in der Höhle Gold zu finden, ankommt, kommt Mattotaupa frei.
Das ist nicht das Leben, welches sich der Häuptlingssohn vorstellt. So reift der Plan, zu den Siksikau zu reiten und bei diesen „Feinden der Dakota“ die Proben zum Krieger abzulegen, wenn die Zeit dazu gekommen ist. Vorher will Mattotaupa aber mit eigenen Augen sehen, wo die Weißen wohnen und wie sie leben. Daher ziehen sie mit Weitfliegender Vogel Gelbbart Geheimnisstab und Langspeer sowie Fred Clarke los. Nach Omaha.

Im Zirkus. Die Gruppe um Morris, Langspeer, Fred Clarke und den beiden Indianern besuchen einen Zirkus und der Junge gewinnt einen Showteil, worauf sie gebeten werden, sich dem Zirkus anzuschließen. Harka arbeitet mit dem Clown zusammen, der ihm Karten von den USA zeigt und ihm Schreiben und Lesen beibringt. [2] Im Zirkus tritt eine Gruppe von Indianern (Dakota aus dem Raum Minnesota) und Cowboys auf, geführt von einem Mann namens Buffalo Bill, der Vater und Sohn gern in die Showgruppe einbauen will, die beiden lehnen allerdings die geforderte absolute Unterordnung ab. Harka arbeitet mit dem Clown an einer separaten Nummer.

Während der letzten Vorstellung besucht ein Major Smith der US-Armee mit seiner Tochter Kate die Zirkusvorstellung. Smith erkundigt sich bei der Dakotagruppe nach den Kampf auf der Farm seiner Mutter während des Minnesota-Aufstandes [3], an dem wohl einige der Krieger beteiligt waren. Kate bewundert den Indianerjungen und seine Reiterkunststücke. [4]

Als die Dakota in ihre Heimat zurück wollen, führt Mattotaupa die letzte „Zirkusnummer“, wobei er den sadistischen Inspizienten erschießt. Nun beschließen die beiden „Bärensöhne“ den Weg zu den Siksikau (Blackfeet) einzuschlagen. Die Männer der Dakotagruppe laden Vater und Sohn ein, mit ihnen zu kommen. Doch Mattotaupa lehnt ab mit den Worten: „Wir können nicht mit euch kommen. Ihr seid Dakota.“

Harka hat genug von den Weißen, er möchte zurück zum gewohnten Leben in der Prärie, Mattotaupa allerdings hat erneut zu Alkohol gegriffen. Er bezeichnet den roten Jim als Freund, etwas, was sein Sohn nicht mehr teilt, dem die kriminelle Seite des Red Fox aufgefallen war.

Zum Hintergrund

Liselotte Welskopf Henrich hat ihrem Helden nicht allzu viel Zeit gelassen, in der Wohlbehütetheit des Stammes aufzuwachsen. Der Bruch ist hart und bleibt nun Thema der Folgebände.
Schwerpunkt ist der Aufenthalt der Zirkus und dem Blick in eine neue Welt für den Sohn des ehemalige geachteten Kriegshäuptling. Harka beobachtet die Verhaltensweisen der Watschitschun genau und lernt zu unterscheiden, dass diese sehr unterschiedlich denken und handeln. Der Umgang des Leiters der Indianergruppe mit den Angehörigen dieser schreckt Harka ab, ein weiterer Grund für das Ziel, wieder in die freie Prärie zu freien Gruppen der Prärieindianer zu reiten. Zudem hofft Harka, dass es möglich sein wird, die Unschuld des Vaters gegenüber der Bärenbande zu beweisen.

Welskopf-Henrich bedient sich mit dem Thema Zirkus eines Kunstgriffes. Sie führt eine bekannte Figur der USA-Geschichte ein: Frederick William Cody, genannt Buffalo Bill. (1846 – 1917) Den Namen bekam er, weil er als Jäger und Scout für die Eisenbahnbauer Fleisch beschaffte und dabei eine Unmenge Büffel erlegte. [5] Buffalo Bill selbst ist damit allerdings nicht die Ursache für das spätere Abschlachten riesiger Bisonherden um den Plainsindianern die Existenzgrundlage zu nehmen, was fälschlicherweise oft erklärt wurde.

Zirkus – Plakat (Abb 2)
Buffalo Bill & Tatanka Iyotake (Abb 1)

Jedoch geht Cody zu diesem Zeitpunkt noch nicht der Showtätigkeit nach. Dies ist erst ab den achtziger Jahren der Fall. [6] Zu Beginn war der bekannte Geheimnismann Tatanka-Yotanka (Tatanka Iyotake) eine Zeitlang mit dabei, der hoffte, für die Sioux-Stämme in Washington und beim Büro für indianische Angelegenheiten sprechen zu können. Da dies keine Wirkung zeigte, wandte sich der Hunkpapa- Sioux wieder ab vom Zirkus.

Die Wild West Shows kamen ab 1887 auch nach Europa. Tatanka Iyotake war nicht Teil dieser Shows. [7] Die Shows fanden sowohl auf großen Freigelände, z.B. 1890 auf der Münchener Theresienwiese, also auch in Zirkusmanegen statt. [5]

Liselotte Welskopf Henrich könnte in ihrer Kindheit die „Völkerschauen“ besucht haben, in denen u.a. Angehörige von Völkern aus Afrika und Amerika „vorgestellt“ wurden. Derartige Ausstellungen wurden im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhundert in verschiedenen Ländern Europas gezeigt. [8] Berühmtheit erlangte mit solchen Darstellungen, die spätestens nach dem ersten Weltkrieg richtigerweise als rassistisch angesehen wurden, zum Beispiel Carl Hagenbeck im Zoo Hamburg. [9] Möglicherweise entwickelte sie hier bereits erste Vorstellungen zu den Lebensumständen indigener Völker, in Teilen beschrieb sie dies in ihrem Text Meine Mutter, die Indianer und ich.

Auf die Wild-West-Show des William Cody dürfte sie nicht gestoßen sein, die letzte in Deutschland fand vermutlich im Jahre 1906 statt. Ab 1913 war das Unternehmen insolvent. Sie erzählte in der Familie aber einmal, dass sie eine Zirkusshow mit Indianern aus Kind oder junges Mädchen besucht hatte.[10] Von den Zirkus-Nummern mit indigenen Artisten berichtete ein anderer Zirkus-Artist, der eine gewisse Berühmtheit erlangte, denn er wohnte in der „Villa Bärenfett“ in Radebeul. Ernst Tobis (1876 – 1959), genannt Patty Frank [11] hatte als Dreizehnjähriger die Show von William Cody in Frankfurt am Main gesehen. Als Artist kam er nach Nordamerika und sammelte indianische Ethnografika. In wirtschaftlicher Not übereignete er seine Sammlung (540 Stücke) an Klara May (die Witwe des bekannten Schriftstellers) und bekam dafür lebenslanges Wohnrecht in Radebeul. Er wurde Verwalter und Museumsführer im 1928 eröffneten Karl-May-Museum[12] . Dort erzählte er von seinen Reisen, vom Zirkus und sicher auch von Buffalo Bill.

Liselotte Welskopf-Henrich, die ihren Karl May gelesen hatte, auch wenn sie gänzlich andere „Indianer-Geschichten“ verfasste, könnt also aus eigenem Erleben und aus diesen Erzählungen die Idee vom Zirkus in Omaha entwickelt haben.

Für die Entwicklung des Dakota-Jungen Harka Steinhart Nachtauge sind die Zirkus – Erfahrungen von hoher Bedeutung. Mit dem Maler Morris und dem vermeintlichen Freund des Vaters, Red Fox, dem der Junge zunehmend misstraut, sowie der Gruppe von Weißen am Niobrara hatte er sehr unterschiedliche weiße Männer kennengelernt. Die Zirkuswelt und die große Stadt Omaha machen ihm klar, was mit der weißen amerikanischen Bevölkerung für eine gewaltige Welle in Richtung Felsengebirge rollt. Einen großen Anteil daran hat auch Old Bob, der Clown, welcher ihm zeigt, dass aus Europa unzählige weitere weiße Frauen und Männer nach Nordamerika kommen. Die Bedeutung von Gold für diese kannte Harka zwar, verstand dies aber erst jetzt, als das Geld hinzukam. Die gefährlichen Anstrengungen, die der Tiger-Dompteur auch mit Hilfe des unerschrockenen „Harry“ (Harka) unternimmt, um weiteren Zirkus-Agenten zu gefallen, verdeutlichen dies nur zu genau.

Doch jetzt dürfen Mattotaupa und Harka noch einmal zurück in die Prärie um das zu sein, was sie sind: Reiter und Büffeljäger.

  • 1) Das Wasserloch zum Niobrara wird im Laufe der folgenden Jahre mehrfach genutzt werden.
  • 2) Inya-he-yukan erzählt 100 Jahre später auf der Reservation Pine Ridge, dass er von einem Zirkusclown Lesen und Schreiben lernte. LWH in „Nacht über der Prärie“ (1. Band der Pentalogie „Das Blut des Adlers)
  • 3) Der Aufstand wird auch als Dakota-Krieg von 1862 bezeichnet. Damit begann eine Kette von Kämpfen zwischen den Sioux und der US-Armee, die letztlich in Wounded Knee ihr Ende fand. https://de.wikipedia.org/wiki/Sioux-Aufstand
  • 4) Major Smith wird Jahre später das Fort am Niobrara führen, wohin auch die nunmehr erwachsene Kate reisen wird. In „Der junge Häuptling“ wird sie wieder auf den „Zirkusjungen“ treffen. Diese Episode wurde in einem Heft mit dem Titel „Kate in der Prärie“ veröffentlicht.
  • 5) vgl. Buffalo Bill – Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Buffalo_Bill
  • 6) Vgl. Dazu Beitrag von Dietmar Kuegler: Chief Iron Tail – Der Büffeljäger und Zirkus-Showman Cody hat sich im Laufe seines Lebens zu einem Freund der Dakota bzw. Lakota gewandelt, die ihn auch später und rückwirkend als Freund betrachteten, der sich dür die Stammensgruppen in den Reservationen einsetzte und gelegentlich auch half.
  • 7) Vgl. Ebenda zu Iron Tail
  • 8) Vgl. Seite „Völkerschau“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 3. April 2021, 10:52 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=V%C3%B6lkerschau&oldid=210503270 (Abgerufen: 5. April 2021, 13:43 UTC)
  • 9) Seite „Carl Hagenbeck“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 19. Januar 2021, 14:52 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Carl_Hagenbeck&oldid=207836792 (Abgerufen: 5. April 2021, 13:45 UTC)
  • 10) Rudolf Welskopf am 06.04.2021
  • 11) Vgl. Karl-May-Wiki https://www.karl-may-wiki.de/index.php/Patty_Frank
  • 12) Vgl. Sächsische Biografien https://saebi.isgv.de/biografie/Patty_Frank_(1876-1959)
  • Abb 1: Von D. F. Barry – Dieses Bild ist unter der digitalen ID cph.3a22279 in der Abteilung für Drucke und Fotografien der US-amerikanischen Library of Congress abrufbar. Diese Markierung zeigt nicht den Urheberrechtsstatus des zugehörigen Werks an. Es ist in jedem Falle zusätzlich eine normale Lizenzvorlage erforderlich. Siehe Commons:Lizenzen für weitere Informationen., Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2037885
  • Abb 2: Von Johannes Starcke (Eisenacher Hofbuchhändler) – Zeitungsinserat in der Eisenacher Zeitung, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=6062829

© UR (aktualisiert: 07.11.2022)

Harka (Bärensöhne 1)

  • Band 1 Die Söhne der Großen Bärin
  • 272 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag
  • überarbeitete und ergänzte Neuauflage
  • Mit einem Vorwort von Gojko Mitic
  • ISBN: 978-3-957840-22-6

Harka, ein junger Dakota-Indianer, ist der Sohn des angesehenen Kriegshäuptlings der Bärenbande, Mattotaupa. Er ist wagemutig, geschickt und ehrgeizig. Harka kennt kein anderes Ziel, als selbst einmal ein so guter Krieger und Jäger zu werden wie sein Vater. Doch die Zeiten beginnen sich zu ändern: Der weiße Mann dringt auf seiner Suche nach Gold in die Welt der Prärieindianer ein, was auch auf Harkas und Mattotaupas Leben dramatische Auswirkungen hat.

Palisander – Verlag

So kurz und knapp beschreibt der Verlag den Inhalt des ersten Bandes. Der folgende Text gibt den Inhalt und die Geschichte detaillierter wieder, dies ist keine Rezension im üblichen Sinne. Hier geht es um die Details des Romans und die schriftstellerische Arbeit der Liselotte Welskopf-Henrich. [1]

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Die Söhne der Großen Bärin – Erstausgabe

Die Söhne der Großen Bärin – Erstausgabe

Erstausgabe / Die Schwarzen Berge *

Die Verlegerin Luzie Groszer des Altberliner Verlages erkannte 1950/1951 des Potential des Romans der inzwischen fünfzigjährigen Liselotte Welskopf-Henrich. Papier war knapp, daher war es schwer, Verlage zu finden für ein Thema, welches mit dem Aufbau des Sozialismus in der zwei Jahre alten DDR nichts zu tun hatte. Gleichwohl wurde der Roman ein Erfolg.

Elf Jahre später wird mit HARKA die Vorgeschichte erzählt werden und weitere fünf Jahre später erhält Harka – Tokei-ihto ein Gesicht: Mit Gojko Mitic in der Hauptrolle dreht die DEFA ihren ersten (gleichnamigen) Indianerfilm, bis heute ein Erfolg.


Der junge Farmersohn Adam Adamson ist auf der Suche nach Gold, denn die Farm des Vaters hat zunehmend zu kämpfen gegen die großen Grundstücksgesellschaften, die das Land an sich reißen. Adamson begegnet zum einen Red Fox, einem Weißen, der nun von einem alten Indianer den letzten Teil eines Geheimnisses entreißen will: Wo in des Schwarzen Bergen gibt es Gold? Adams sieht auch zum ersten Mal Harka, den Sohn des alten Mattotaupa. Der Alte erkennt in der folgenden Auseinandersetzung, dass The Red, der Rote, Red Fox sein Geheimnis „seiner Väter“ in der Höhle der Großen Bärin doch zum Teil kennt. Den Kampf verliert er, Red Fox stößt ihm sein Messer in die Brust. Der junge Indianer aber ist verschwunden…

Zwei Jahre später überfällt eine Bande von Dakota eine Munitionskolonne. Die Bärenbande wird angeführt von Tokei-itho, der als Junge Harka hieß und den die Weißen Harry nennen, er ist ihr Kriegshäuptling. Die Munitionskolonne soll in das Fort am Niobrara, dem Ort, an dem der alte Mattotaupa ermordet wurde. Mitgefahren ist Cate, die Tochter des Kommandanten Major Smith, die bringt der Dakota nun in das Fort.

Mit einem furiosen Ritt kann sich der Dakota vor den Raureitern und Soldaten retten…

Er folgt später einer Einladung für einen neuen Vertrag, den er aber nicht annimmt und wird in Gefangenschaft genommen. Nach der Schlacht am Little Bighorn (1876) kommt er wieder frei und muss versprechen, dass er sich in die Reservation in den Badlands begibt. Von dort aber wird er seine kleine Stammesgruppe über den Missouri führen. An den Black Hills vorbei ziehend, sieht er zum letzten Mal die von Goldsuchern tödlich verwundete Große Bärin und nimmt deren Junges mit sich. Am Fluss kommt es zu einem letzten Kampf mit Red Fox…

Adam Adamson, der Kath Smith geheiratet hat, wird die Indianer beim erlernen von Landwirtschaft beraten…

Bärensöhne (1951) 1958, 1966

Das Buch, hier die 9. Auflage aus dem Jahr 1958, enthält zwei Anhänge. Die Autorin, im Berufsleben Historikerin, erzählt von einem Treffen zwischen amerikanischen Historikern und Dakotahäuptlingen, fünfzig Jahre nach der Schlacht am Little Bighorn, welches nicht zur gewünschten Versöhnung führt. Anschließend erfahren die Leser in geschichtlichen Bemerkungen über die ersten Einwanderer nach „Amerika“, deren Entwicklung, Leben, und auch deren Unterdrückung. Von Osceola ist die Rede, vom Eisenbahnbau, von den Goldsuchern, den Grenzern, die gemeinhin als Indianerfeinde gelten, „bereit, jeden Roten aus geringstem Anlaß niederzustechen.“ allerdings hat die Autorin in ihrem Roman den Adam Adamson und die Zwillinge Thomas und Theo geschaffen, die diesem, sicherlich durch verbreitetem Klischee nicht entsprechen. sie stellt dem bekannten Daniel Boone den Büffeljäger und Zirkusmann Buffalo Bill gegenüber.

Der Text des Romans und der Bemerkungen folgen dem Geist der Zeit. Nicht, dass sie später keine „Gültigkeit“ mehr gehabt hätten, aber Welskopf-Henrich wurde bestimmten ideologischen Haltungen, Auffassungen und Einflüssen, denen sie als marxistische Historikerin anhing, kritischer. Das ist bei den späteren Auflagen erkennbar, vor allem in den Fortsetzungsromanen der Pentalogie Das Blut des Adlers. Die Rede, die der Kriegshäuptling am Ende der Erstausgabe hält, ist in den mehrbändigen Ausgaben nicht mehr vorhanden. Mit dieser Rede spricht aus dem Mund des Häuptlings die Autorin und Historikerin selbst.

„Tokei-ihto trat im Schmucke der Adlerfedern vor die Seinen. ,,Männer, Frauen, Knaben und Mädchen!“ begann der Häuptling „ Wie die große Bärin die Mutter des Bärenjungen ist, das uns über den Mini-Sose begleitet hat, so sind der alte große Stamm der Dakota und die alte Bärenbande unsere Mutter. Aber das Bärenjunge ist ein neues Leben, und auch wir sind ein neues Geschlecht. Zu uns gehören Söhne und Töchter der Bärenbande und Adams, Kath, Thomas, Theo, Schudegatscha und Tschapa, der Sohn des George. Wir sind rote, weiße und schwarze Männer. Wir wollen unsere Nahrung auf neue Art gewinnen. Adams hat uns gefleckte Büffel eingetauscht. Sie sind ebenso nützlich wie die wilden Büffel, auch wenn sie anders riechen. Sie haben eine Haut, sie haben Fleisch, sie haben Sehnen, sie haben Knochen, das versteht ihr alle. Wir sind besiegt, weil wir die Geheimnisse der weißen Männer nicht kannten. Wir werden sie jetzt lernen. Aber wir werden dabei die Geheimnisse der roten Väter nicht vergessen, und das wird eine Kraft sein, die stärker ist als die Kraft der großen Wölfe unter den Uatschitschun. Wir werden das Land gemeinsam besitzen und gemeinsam darauf Büffel hüten und auch säen und ernten. Kein roter Mann ist je Knecht eines roten Mannes gewesen. Wir werden nicht die Knechte der weißen Männer werden und auch nicht von ihnen lernen, uns untereinander zu Knechten zu machen. Wir sind immer Brüder und Schwestern gewesen, und das werden wir bleiben. Wir haben das ,Große Geheimnis‘ jeden Morgen um Frieden und Nahrung gebeten. Wir wissen jetzt ein Geheimnis, wie wir Frieden und Nahrung gewinnen und verteidigen können. Das wollen wir tun, mit großem Eifer und großem Mut.“

LWH: „Bärensöhne“, 1958, Seite 490

Die oben genannten Anhänge sind aber in der aktuellsten Ausgabe wieder vorhanden. Der Roman ist für einen, der viel später chronologisch das gesamte Werk las, rückblickend etwas gewöhnungsbedürftig. Dass der Anfang später anders gestaltet wurde, folgt der Chronologie, am Ende hat die Autorin einiges um geschrieben.


Erik Lorenz hat uns in seiner Biografie von 2009 die Entstehungsgeschichte der „Bärensöhne“ erzählt. Dass die junge Elisabeth Charlotte bereits mit zehn Jahren indianische Wege betrat, erzählt sie selber in Meine Mutter, die Indianer und ich. Aber Lorenz erzählt weiter, dass sie mit siebzehn Jahren beschloss, diese Geschichte zu schreiben. Für bestimmte Beschreibungen, so hat sie es in Leserbriefen beschrieben, war sie wohl noch zu jung, denn woher wollte sie wissen, wie sich ein betrunkener Indianer verhält? Mehr als zwanzig Jahre später, 1940, war die Geschichte fertig, doch kam sie bei den damaligen Verlagen nicht an. Hinzu kam, dass Elisabeth Charlotte Henrich, dann nicht wollte, dass der Stoff unter den Nationalsozialisten herauskam. Nach 1945 war es ebenfalls nicht leicht, den Erstling an die Verlage zu bekommen. [1] Lorenz veröffentlichte in der Biografie einen Aufsatz der Autorin, der die Schwierigkeiten gut beschreibt.

„Die gesellschaftliche Situation ist zweifellos richtig gesehen und die Erzählung kann eine in unserer Kinderliteratur noch bestehende Lücke ausfüllen. Ihre Bedeutung für die heutige Jugend scheint unklar...

LWH über das Schreiben eines Buches. Aus Lorenz, E. , Chemnitz 2010, Seite 96


Lorenz, Seite 107 [3]

Doch dann trifft sie auf die oben erwähnte Lucie Groszer. dies führt zu Veröffentlichungen in Österreich, Schweden, Dänemark, den Niederlanden und natürlich in den sozialistischen Staaten. 15000 Exemplare, das war die erste Auflage.

In dieser, auch das ist eine später vermiedene Schreibweise, nennt die Autorin den Hunkpapa – Lakota Sitting Bull, statt Tatanka – Yotanka [2], in der später geänderten Fassung des dritten Bandes der dreibändigen Ausgabe ist manches korrigiert wurden. Dies wurde notwendig, wenn durch die Vorgeschichte bestimmte Dinge schon erzählt wurden, also keiner Erklärung mehr bedurften.

Vermutlich wurde die Geschichte der indigenen Völker vor diesem Buch noch niemals so erzählt. In Deutschland war die „Indianerlandschaft“ geprägt von den Büchern eines Karl May, bekannt waren auch die Bücher um Wildtöter und Chingachgook aus den Lederstrumpf-Erzählungen von James Fenimore Cooper.

Die studierte Historikerin schreibt gänzlich anders, aus der Sicht der „Bärensöhne“ und beschreibt die sozioökonomischen Zustände aus materialistischer Sicht. Der Glauben der Indianer wird allerdings mehr als Aberglauben beschrieben und spielt keine große Rolle. Welskopf-Henrich wird erst später genauer mit den Mythen der Lakota durch das Zusammentreffen mit John Okute Sica in Berührung kommen und in späteren Werken detailreich darauf zurück kommen.

Die Erstausgabe hat ihren eigenen Reiz im Licht der nachfolgenden erweiterten Bände. Die der Geschichte innenliegende Spannung lebt nicht nur von solchen Episoden wie dem finalen Kampf zwischen Red Fox und Tokei–ihto oder der beschriebenen (letzten) Büffeljagd der Krieger der Bärenbande. Letztere brachte es sogar in die Lesebücher der fünften Klasse in den DDR-Schulen. Dazwischen wird viel mehr Interessantes, Wissenswertes erzählt.

Romane über die indianischen Völker werden heute, siebzig Jahre nach der Erstausgabe der Bärensöhne, anders geschrieben. Die hervorragend recherchierten und erzählten Romane aus dem Traumfänger-Verlag fußen auf einem entwickelten Kenntnisstand, der Liselotte Welskopf-Henrich noch nicht zur Verfügung stand. Als Beispiel möge hier die Formulierung „Kein roter Mann ist je Knecht eines roten Mannes gewesen.“ Zum Ersten hat es zu unterschiedlichen Zeiten durchaus Sklaven bei den verschiedenen indigenen Völkern gegeben, Kriegsgefangene zum Beispiel.[4] Zum Zweiten würde die Formulierung „roter Mann“ heute nicht mehr verwendet werden, weil diese Bezeichnung in Bezug auf die Hautfarbe auch nicht zutrifft.

Umso mehr ist zu konstatieren, dass Frau Welskopf-Henrich so dicht an den realen Verhältnissen schrieb, die jahrelange Rezeption verfügbarer Quellen von jungen Jahren an ist Grundlage für den Erfolg. Sie ist es später für die folgenden Romane, sowohl für die Vorgeschichte der Bärensöhne, wie auch für die Fortsetzung, Die Pentalogie Das Blut des Adlers.


Historiker sollten öfter Romane schreiben, vor allem, wenn sie es so gestalten wie Liselotte Welskof-Henrich.

  • [1] Lorenz, Erik: Liselotte Welskopf-Henrich und die Indianer – eine Biografie, Palisander Verlag, Chemnitz 2009, ISBN: 978-3-938305-14-0
  • [2] Sitting Bull alias Tatanka-Yotanka: Richtig Tatanke Iyotake = Sitzender Bisonbolle
  • [3] Bilder laut Bildverzeichnis von Rudolf Welskopf
  • [4] https://de.wikipedia.org/wiki/Sklaverei_bei_den_Indianern_Nordamerikas
  • * Bild von RJA1988 auf Pixabay
  • LWH: Die Söhne der Großen Bärin / Altberliner Verlag Lucie Groszer / 9. Auflage Berlin 1958 / 513 S.
  • Rezension auf Litterae-Artesque

© UR – NZ, 20.09.2022